Prominenter Pentaprisma als PENTAX Markenbotschafter |
PENTAX bleibt dem Spiegel treu, und somit auch dem optischen Sucher und natürlich dem Pentaprisma. Das fünfseitige optische Bauelement aus Glas ist der Namenspatron der Marke. Aktuell bewirbt Ricoh mit einer Kampagne bestehend aus einer Reihe von Videos (hier und hier) und einer Webseite diese PENTAX Tradition als grundlegende Produktphilosophie. Ein willkommener Anlass, um mich mal wieder mit dem Kamerahersteller meines Herzens auseinanderzusetzen und zu prüfen, wie glücklich ich fotografisch in diesem System unterwegs bin. Andererseits kann einem schon schwindelig werden kann, wenn auf die Aktivitäten und Neuerungen anderer Kamerahersteller geschaut wird.
PENTAX stellt in seiner neuen Charme-Offensive im Grunde alte Tugenden vor und stellt die emotionale und handwerkliche Seite der SLR Fotografie in den Vordergrund. Da wird insbesondere das Prisma der neuen Kamera beworben, welches eine 10-prozentige Steigerung der Sucherhelligkeit gegenüber der KP verspricht bei gleichzeitiger Vergrößerung des Sucherbilds, damit vergleichbar mit dem der K-1 Kleinbildkamera. Ganz ehrlich, wen soll das ansprechen wenn nicht die bisher "Verbliebenden", die die Direktheit (und Ehrlichkeit?) des optischen Suchers weiterhin schätzen. Wenn ich durch den Sucher meiner alten analogen PENTAX MX schaue, bin ich manchmal richtig ergriffen, so unglaublich klar, direkt und "schön" ist das Bild. Hier erwischt mich die aktuelle Kampagne, denn ich bin für diese Emotionalität empfänglich.
Die alte MX bietet einen brillianten, hellen Sucher |
Die begleitenden Videos sprechen mich in ihrer harmlosen und fast naiven Art an. Sehr japanisch, sehr höflich, sehr sympathisch. All die vielen "Aahs" und "Oohs" haben mir manches Lächeln ins Gesicht gezaubert. Aber die fast ausschließlich auf Emotion zielenden Aussagen lassen mich auch zweifeln. Das ist jetzt die Strategie, wie Ricoh die nächsten Jahre weiter gehen wird, eine scheinbar klare Absage an eine spiegellose Zukunft?
Technologisch scheint PENTAX den Anschluss an die Konkurrenz verloren zu haben. Während fast ausnahmslos die anderen Hersteller ihr Heil im Paradigmenwechsel mit neuen spiegellosen Systemen suchen, verharrt PENTAX nun offiziell in der gereiften SLR Technik. Für die einen Anachronismus, für PENTAX weiterhin die Zukunft? Dabei wird die potentielle Käuferschicht immer kleiner (und älter?), ich gehöre irgendwie dazu. Längst genügen uns Smartphones zur Dokumentation des Alltags. Was bleibt für den Markt sind Profis und Hobbyisten. Gerade letzeren geht es eben oft nicht nur um den Schnappschuss auf Insta, sondern auch um den Spaß an der Fotografie selbst. Weniger Automatismus, mehr Handwerk. Und hier besteht eventuell tatsächlich eine Chance für PENTAX für diejenigen, die im Grunde mit dem Werkzeug Kamera schon heute zufrieden sind und eine beschauliche, weniger aufgeregte Pflege wertschätzen. Für Menschen, die wenig Nutzen aus 20-60 Fotos in der Sekunde, einem Autofokus, der Tieraugen erkennt, oder 8K Videos ziehen.
Dabei möchte ich daran erinnern, dass sich PENTAX in der Vergangenheit durchaus an die Entwicklung von Kameras ohne Spiegel herangewagt hat. Die K-01 aus dem Jahr 2012 war der bisher einzige Versuch einer spiegellosen Systemkamera mit K-Mount. Sie wurde allerdings von vielen Beobachter eher als Design-Unfall verstanden (und oftmals liebevoll-spöttig als Ziegelstein betitelt). Die Bildqualität war hervorragend, aber der Kontrast AF schnarch-langsam, und es fehlte ein Sucher. Ich mochte die Kamera dennoch, auch das Design, und habe sie einige Zeit gerne genutzt. Bedauerlicherweise gab es nie einen Nachfolger, der die Schwächen hätte beseitigen können.
Für die spiegellose K-01 gab es leider nie einen Nachfolger. |
Und dann gab es noch die PENTAX Q, das kleinste Kamerasystem mit Wechselobjektiven der Welt, ohne Spiegel, leider wieder auch ohne Sucher, und mit einem so kleinen Sensor, dass außerhalb von Japan niemand dieses System ernst nehmen wollte. Zur gleichen Zeit hatte Panasonic die Lumix GM Modelle im Programm, die nicht größer als eine Q waren, aber eben mit MFT Sensor und daher im Vergleich größeren Optiken. PENTAX veröffentlichte einige Objektive in dem System und immerhin vier verschiedene Modelle (die sich aber kaum unterschieden), aber mittlerweile kommt hier auch nichts Neues mehr. Ich selbst bin in dieser Zeit auch nach einer kurzen Zeit mit der Q und Q7 in das MFT Lager als Zweitsystem gewechselt.
PENTAX Q - Das kleinste Kamerasystem der Welt ohne Spiegel, dank Mini-Sensor und Mini-Objektiven |
Heute kann ich schon verstehen, wenn das von PENTAX so deutlich formulierte Bekenntnis zum Spiegel Kopfschütteln und Unverständnis hervorrufen. Aber man sollte schon schauen, wen PENTAX mit seiner Philosophie anspricht. Fotografen, die heute nur noch spiegellos unterwegs sind, sind nicht die Adressaten. Diese haben sich bewusst für die Vorteile des elektronischen Suchers entschieden und werden kaum zurück kehren, auch wenn sich das manch einer PENTAX Stratege vielleicht wünscht. Es geht glaube ich eher um die verbliebene Klientel und um die (kommenden) Nostalgiker, die mehr Spaß am handwerklichen Prozess des Fotografieren haben. Die gerne auch analog fotografieren, oder komplette CDs oder Schallplatten hören. Das ist die Nische.
Man darf vor allem nicht vergessen: PENTAX ist seit Jahren eine ganz kleine Marke, vermutlich mit wenig Budget und kaum sichtbaren Marketing. Das dürfte auch die Erklärung sein, warum PENTAX nicht den direkten Konkurrenzkampf eingeht, sondern sich immer versucht ein wenig abzugrenzen und Dinge anders zu machen. Nische eben. Dabei sind sie durchaus innovativ und mutig gewesen, halt immer ein wenig abseits vom Mainstream. Ich erinnere da an die Astrotracer Funktion oder Pixelshift, und es gibt viele andere Beispiele.
Ich denke, dieser Status des Anders-Seins ist auch eine Erklärung für eine kleine, aber treue Fanbasis. Sicher werden da auch viele Fotografen mittlerweile zweigleisig fahren (wie auch ich). Auch erscheint es mir so, dass Ricoh als Eigner sich PENTAX weiter leisten kann und will, aber eben auch keine riesigen finanziellen Investitionen machen wird. Insofern sehe ich den Vorhersagen, PENTAX wäre jetzt die nächste Marke, die vor dem Untergang steht, weiterhin gelassen gegenüber. Um ehrlich zu sein, wäre ich als überzeugter Canon oder Nikon SLR (!) Fotograf eventuell eher beunruhigt, denn hier scheint bald für den Spiegel Schluss zu sein. Und der angekündigte Verkauf der Imaging Sparte von Olympus an einen Investor verschafft auch Unbehagen, manch einer philosophiert bereits über das baldige aus von MFT (was von vielen FF Jüngern schon seit Jahren propagiert wird). Aber das ist eine andere Geschichte, zu der ich meine Gedanken auch an anderer Stelle einmal formulieren kann.
Zum Abschluss möchte ich auf den Artikel Why Pentax is making the right call in sticking with DSLRs bei PetaPixel verweisen. Dort wird sehr stimmig und freundlich im Ton argumentiert, warum die Strategie von Ricoh, nicht wie alle anderen in ein neues spiegelloses System zu investieren, richtig ist. Für PENTAX wohlgemerkt. Die Antwort gefällt sicher nicht jedem, ist aber eigentlich auch schon seit Jahren abzulesen: weil sie es gar nicht stemmen können. Dass dieses Argument jetzt natürlich nicht als Treiber der neuen PENTAX Philosophie angeführt wird, ist vielleicht ein wenig unehrlich, aber natürlich auch verständlich. がんばって , PENTAX!
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