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PENTAX Optio H90 - Bin ich schön?


Bin ich schön? 

Die Frage kann ich meiner neuen alten Optio H90 schnell beantworten: Ja, auf jeden Fall. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Ich vermute, das gilt auch für die kleine Plastik-Knipse von 2010, die mein ästhetisches Empfinden sofort angesprochen hat, als ich sie zufällig bei eBay Kleinanzeigen gesehen habe. Kurzentschlossen, und ohne lang Testberichte zu recherchieren, habe ich die Kompaktkamera für kleines Geld gekauft. Ihr Äußeres hat mich auf jeden Fall so sehr eingenommen, dass ich ihr einen eigenen Blog Eintrag schreibe, wohlwissend das sich kaum jemand für eine Betrachtung einer 13 Jahre alten Vollautomatik-Knipse interessieren dürfte. 

Ich gebe es zu, einen echten Anwendungsfall habe ich für diese Kamera nicht. Die Kaufentscheidung war allein durch ihr attraktives Erscheinungsbild getrieben. Dabei half auch der geringe Preis von 20 EUR, der eine eventuelle Fehlinvestition verschmerzen lässt. Es sollte klar sein, dass eine Kompaktkamera aus dem Jahr 2010 nicht gekauft werden sollte, um technisch anspruchsvolle Fotos zu produzieren. Dazu dann aber später mehr hier im Artikel, denn natürlich habe ich nicht nur das äußere Erscheinungsbild der H90 bewundert, sondern auch mit ihr fotografiert, oder vielmehr "geknipst".

Optio H90 und Smartphone (Pixel 7)
 im Größenvergleich 


Die PENTAX Optio H90 fällt durch ihre Bi-Color-Front auf, mit einer Grundfarbe und einer abgesetzten oberen Leiste mit erhobenem PENTAX Schriftzug auf der rechten Seite. Es gibt sie in den drei Farbvarianten Schwarz/Silber, Weiß/Silber sowie Silber/Orange. Während die schwarz-silberne Version den zeitlosen, aber vielleicht auch langweiligen Klassiker gibt, ist die silber-orange Variante der hippe, modische Eyecatcher. Mein Exemplar hat die weiß-silberner Front, die mich am meisten anspricht. Die H90 ist sehr kompakt und sehr leicht, gerade mal 130 Gramm. Sie ist damit halb so schwer wie zum Beispiel meine GR IIIx, und wesentlich kleiner. 

Diese Leichtigkeit wird meiner Meinung nach durch die helle Farbgebung optisch am Besten unterstrichen. Dabei hat der weiße Lack eine sehr schöne Haptik, obwohl das Gehäuse hauptsächlich aus Kunststoff bestehen dürfte. Bei der silbernen Zierleiste war ich zunächst unsicher, da sie sich kühler anfühlt. Und tatsächlich ergibt eine kurze Recherche, dass die ursprüngliche Ricoh Hoya (!) Pressmitteilung von einer Aluminium-Legierung für die vordere Oberseite spricht.

Von der Konkurrenz umzingelt:
Optio H90 mit PENTAX Q,
Ricoh GR IIIx und Pixel 7


Das Design der Kamera ist kantig und schnörkellos, irgendwie aus der Zeit gefallen, oder noch besser zeitlos. Dabei stört mich nicht, dass alle drei Varianten die gleichen Rückseiten in schnödem Schwarz teilen. Das individuelle Auftreten ist also auf die Front beschränkt. Um die Haltesicherheit zu erhöhen, gibt es rechts vorne einen schwarzen Streifen aus einem etwas griffigerem Kunststoffmaterial. Dieser ist aber eher als optischer Akzent, denn als echte Haltungshilfe zu verstehen.

Die Bedienelemente der Kamera sind übersichtlich gehalten. Der Ein-Aus-Schalter mit rotem Punkt auf der Oberseite würde heute immer als Video-Taste durchgehen, daneben ist der Auslöser mit den üblichen zwei Druckpunkten zum Fokussieren und dann Auslösen. Die Rückseite wird vom leicht abgesetzten 2,7" Bildschirm beherrscht, der weder durch seine Helligkeit noch seiner Auflösung von 230.000 Bildpunkten sonderlich hervorsticht. 

Verwechslungsgefahr - die rote Taste ist der On/Off Schalter

Das Vier-Wege-Funktionskreuz auf der Rückseite ist im Aufnahmemodus für Selbstauslöser, Makromodus, Motivprogramm und Blitz zuständig, kann aber keinen AF Punkt verschieben. Das Kreuz ist optisch als Kreis angelegt mit einer OK Taste im Zentrum. Neben der Bestätigung von Funktionsauswahlen schaltet diese auch die Ansichten zur Anzeige verschiedener (oder keiner) Kameraeinstellungen. Das Rund des Steuerkreuzes wird umrahmt von der Wiedergabe-Taste, einer (für mich unnötigen) Taste zur Konfiguration der Gesichtserkennung, der Menü-Taste und der Grünen-Taste, die - Vorsicht - im Wiedergabemodus die Löschfunktion ansteuert. Die grüne Taste ist leider das einzige Bedienelement, dass durch die Einstellungen im Menü individuell belegt werden kann. Hier kann eine Funktion wie Belichtungskorrektur, Autofokus-Modus, ISO usw. konfiguriert werden. 

Die Bedienelemente schließen oben mit der Zoom-Wippe ab, die den Objektivtubus im recht üppigen Brennweitenbereich von Kleinbild-äquivalenten 28mm bis 140mm bewegt. Dabei beginnt die Lichtstärke der Optik recht schwach bei f/3,5 und endet noch schwächer bei f/5,9, was unangenehm schnell zu höheren ISO Zahlen führt.


Die Kamera lässt sich ausreichend schnell und komfortabel bedienen, echte Schnappschussqualitäten a la GR bietet sie aber nicht. Die Einschaltzeit liegt gefühlt bei etwas über einer Sekunde, bis das Objektiv ausgefahren und die Kamera bereit für die erste Aufnahme ist. Der Kontrast-basierte Autofokus beschränkt sich auf ein zentrales AF Feld oder einen automatischen Multi-Segment-AF, der so ca. 50 Prozent des gesamten Bildes abdeckt. Dazu gibt es eine Gesichtserkennung, die ordentlich funktioniert, sowie ein Tracking-AF, der erwartungsgemäß schnell sein Ziel verliert.

Nach dem Auslösen nimmt sich die Kamera zum Speichern des Fotos eine kleine Auszeit mit Schwarzbild. Wenn noch die Pixel-Track Shake Reduction (SR) eingeschaltet ist, um Verwackelungsunschärfe per Software aus dem Bild zu rechnen, kommen noch einmal 1-2 Sekunden dazu. Es gibt also keine optische SR mit beweglichem Sensor wie bei vielen anderen PENTAX Modellen. Die im gleichen Jahr erschienene Optio I-10 hat eine mechanische Bildstabilisierung, zu schade, dass die H90 darauf verzichten muss. Die Software-Lösung funktioniert nur leidlich, daher habe ich sie schnell zu Gunsten der schnelleren Aufnahmebereitschaft für das nächste Foto ausgeschaltet.

Am Kölner Neumarkt
28mm | f/3,5 | ISO80

Kölner Hard Rock Cafe
115mm | f/5,3 | ISO200

Alaaf auf dem Alter Markt
28mm | f/3,5 | ISO80


Bevor ich nun mein Urteil über die Bildqualität fälle, gilt es die Erwartungshaltung zu relativieren und an die Zeit anzupassen. Also erinnere ich mich mit Hilfe des Internets und meines Bildarchivs an 2010, was damals fotografisch möglich war. 

Für "bessere" Fotos dominierten digitale SLRs mit 1,5-Crop-Sensoren von Canon, Nikon, Olympus und Sony sowie Bridgekameras mit kleineren Bildaufnehmern. PENTAX hatte damals mit seiner K-5 eine absolut konkurrenzfähige Kamera veröffentlicht. Spiegellose Kameras waren gerade erst im Markt eingeführt, z.B. Panasonic mit seinem zweiten Lumix Modell G2. Sony etablierte sich mit ihren SLT und NEX Kameras als Innovationstreiber für die Branche. Kompaktkameras standen noch hoch im Kurs und waren allgegenwärtig, zumeist als Urlaubsknipsen und Familienfestbegleiter. Smartphones waren noch keine echte Konkurrenz, auch wenn das iPhone 4 mit 5 Megapixeln und (nicht Full-) HD Videos zum ersten Mal zeigte, dass hier eine alternative Geräteklasse für die Alltagsfotografie entstand.

Die Sensorgröße der H90 von 1/2,3" war für die Zeit der Standard in der Kompaktkamera-Klasse. Es gab erste Modelle mit leicht größeren Sensoren wie eine Canon Powershot G12, Samsung EX1 oder Panasonic Lumix LX5, mit der ich damals auch ein Jahr lang fotografierte. Aber diese Modelle waren auch weniger kompakt als eine H90, und der Vorteil in der Bildqualität bescheiden. Und es gab noch keine Kameras mit 1-Zoll Sensoren. Diese Klasse mit besserer Bildqualität und rudimentärer Freistellung wurde erst 2012 mit der Sony RX-100 eingeführt.

Eingang zum MAKK
47mm | f/4,6 | ISO200

Futuristischer Sessel mit Texturverlust
28mm | f/3,5 | ISO800

Banane am Museum
28mm | f/3,5 | ISO250


Um es jetzt klar und deutlich auszusprechen: die technische Bildqualität einer Optio H90 ist (wohlwollend ausgedrückt) bescheiden. Für ein Smartphone-Display oder einen kleinen 10x15 Abzug mag es noch reichen, darüber aber nicht. Die Bilder werden von der JPEG Engine (RAW Ausgabe ist klassenüblich nicht möglich) schon in der Grund-ISO-Einstellung 100 intensiv angeschärft. Bei höheren ISO Werten wiederum werden durch die automatische Entrauschung viele Bilddetails glatt gebügelt, die Fotos wirken dann flach und wieder unscharf. Ergebnisse bei ISO 400 kann ich (manchmal) gerade so akzeptieren, bei ISO 800 wird es bereits sehr schwierig. Dabei muss die ISO Automatik schnell höhere Werte ansteuern, eben auch weil das Objektiv so lichtschwach ist und die Kamera dadurch vermeintlich zu lange Belichtungszeiten auszugleichen sucht.

Der 100% Ausschnitt bei ISO 100 zeigt
die bestmögliche Bildqualität,
 mehr geht leider nicht. 

ISO 800 zeigt bereits das ganze Elend:
flache Farben, verwaschene Texturen,
fehlende Details


Dazu kommt ein mäßiger Dynamikumfang, bei dem schnell die Lichter ausbrennen, wobei die Spitzlichtkorrektur ein wenig Abhilfe schafft, aber die ISO Einstellung wieder nach unten limitiert. Insbesondere die schwache ISO Leistung führt dazu, dass ich mir die ISO Auswahl auf die grüne Taste gelegt habe, um hohe ISOs zu meiden und schnell den Wert situativ anpassen zu können. Die ISO Automatik gibt keine Möglichkeit, eine Obergrenze einzustellen, und wird daher von mir nicht genutzt. Was fehlt ist die zweite Taste, um neben ISO auch die Belichtungskorrektur direkt anzupassen. Ich hätte dafür gerne das Bedienelement für die Gesichtserkennung geopfert. Aber seien wir ehrlich, diese Individualisierung würde auch zur H90 nicht wirklich passen, sie ist auf Vollautomatik und Motiv-Programme ausgelegt.

Zur Verdeutlichung der sehr schwachen ISO Leistung zeige ich noch einige Bilder im direkten Vergleich zu einer PENTAX Q, die einen gleichgroßen, aber etwas moderneren Bildsensor ausweist. Ich gebe es direkt zu, ich habe nur einen Grund gesucht, meine Q hier ins Spiel zu bringen, mit der ich im letzten Herbst eine Reunion feiern durfte (wie mit so vieler alter PENTAX Hardware). Als Objektiv habe ich das Q 01 Prime Objektiv eingesetzt, womit die Brennweite von 8,5mm für beide Kameras vorgegeben war. Die Blende von 4,5 habe ich aus Fairness zur Optio H90 gewählt, die bei dieser Brennweite f/4,6 in den EXIFs ausweist. Dieser Wert ist der Schärfe nicht gerade förderlich, da bei der Kombination von kleinem Sensor und 12 Megapixel Auflösung bereits ab Blende 2,4 erste negative Beugungseffekte auftreten. Im Falle der Kompaktkamera also mit Ansage, aber so halten es alle Hersteller dieser Zeit.       

Die folgenden Bilder sind alle 100% Crops aus der Gegenüberstellung in Lightroom zwischen der Optio H90 (links) und der Q, von ISO 100 aufsteigend bis ISO 1600. Die Systemkamera gewinnt den Vergleich eindeutig durch ihre weniger aggressive Bildaufbereitung. Nur bei der niedrigsten ISO Einstellung erscheint die H90 "schärfer", was aber keinesfalls ein Mehr an Detailinformationen im Bild bedeutet, sondern nur ein stärkere Eingriff der Bildaufbereitung. Wie oben erwähnt ist die Blende 4,5 nicht von Vorteil für die natürliche Schärfe. 





Und noch ein Direkt-Vergleich, weil es gerade so viel Spaß macht. Der Herausforderer ist diesmal meine robuste (und von mir sehr verehrte) PENTAX WG-3 aus dem Jahr 2013, die sogar 16 Megapixel auf den 1/2,3" kleinen Sensor unterbringen muss, also eine noch höhere Pixeldichte aufweist. Auch sie verliert beim Kampf gegen das ISO-Rauschen schnell Bilddetails und Schärfe, aber kann dies im Vergleich durch ihren Auflösungsvorteil besser kompensieren.



Die WG-3 steigt der Q und Optio H90
aufs Dach. Insgesamt obsiegt aber
die kleine Q.


Ist die H90 also jetzt eine "schlechte"  Kamera? Ja, nach heutigen Maßstäben selbstverständlich. Keine Überraschung, absolut nicht. Aber ich muss ehrlichweise konstatieren, dass mich auch damals die Kompaktklasse nie für sich einnehmen konnte, auch wenn die Ansprüche geringer gewesen sein dürften. Die Bildqualität jenseits der Standard-ISO war immer nur ausreichend bis mangelhaft. 

Dieses Urteil fälle ich nicht exklusiv über die H90, sondern im Grunde über jede Kompaktkamera aus dieser Zeit. Selbst die PENTAX Q fällt diesem Urteil zum Opfer, auch wenn deren Ergebnisse der H90 überlegen sind, wie ich oben hoffentlich überzeugend zeigen konnte. Die Kamera von 2011 hat ebenfalls einen 1/2,3" kleinen Sensor, wenn auch dieser rückwertig belichtet ausgelegt ist, so dass ich hier sogar manchmal den Vorstoß bis ISO 800 und 1600 wage. Aber technisch gut sind die Ergebnisse natürlich auch nicht. Aus meiner persönlichen Erfahrung hat erst die Einführung der 1-Zoll Sensoren in die Klasse der Kompaktkameras einen spürbaren Unterschied gebracht. Die Bildergebnisse einer Lumix LX-15 oder Sony-RX100 sprechen mich auch heute mehr an, als die aus meinem Google Pixel 7 oder Huawei Smartphone mit Leica Optik. 


Bin ich schön? 

Ja, bist Du. Aber Schönheit allein reicht eben nicht. Unsere Zusammenführung war mir ein kurzes Vergnügen, mehr wird es jedoch nicht. Wir dürfen Freunde sein und du kannst bleiben - wo sollst Du auch sonst hin? Und lieben Dank für die Zeitreise, aber zusammen fotografieren werden wir nicht mehr.



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